Info
Geb.: 1. 8.1748 in München
Gest.: 15.3.1829 in München
Kupferstich in Punktiermanier nach einem Gemälde von Moritz Kellerhoven (Bayerische Staatsbibliothek München/Porträtsammlung)
Namensvarianten: Lorenz Westenrieder

Lorenz von Westenrieder

Der Sohn eines Getreidehändlers besucht das Münchner Jesuitengymnasium, dann in Freising das theologische Seminar und wird 1771 zum Priester geweiht. Als Aushilfspfarrer und Hauslehrer verdient er sich ein Einkommen. 1773, nach Aufhebung des Jesuitenordens, wird Westenrieder Professor für Poetik und Rhetorik am Gymnasium in Landshut; in gleicher Funktion, ein  Jahr später, kehrt er nach München zurück.

Bereits in diesen Jahren betätigt er sich als Schriftsteller: Erste Dramenversuche (Die zween Kandidaten, Marc Aurel, König Saul) verschaffen ihm 1777 die Berufung in die belletristische Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (seit 1779 Mitgliedschaft in der historischen Klasse). Dagegen wird sein 1774 publizierter aufklärerischer Katechismus konfisziert, Westenrieder für kurze Zeit in Freising verhaftet. Sein Hauptwerk wird die Zeitschrift Baierische Beyträge zur schönen und nützlichen Litteratur, die 1779 bis 1781 in sechs Bänden erscheint und Artikel zur Landeskunde, pädagogisch-philosophische Aufsätze, Gedichte, und – aus Westenrieders eigener Feder – Berichte über das Münchner Theaterleben, satirische und empfindsame Erzählungen sowie Romane vereint. Mit Das Leben des guten Jünglings Engelhof (2 Bde., 1781/82) gelingt ihm die bedeutendste Romanschöpfung im Bayern des 18. Jahrhunderts.

Wiewohl er sich aus gesundheitlichen Gründen schon bald aus dem Schulwesen zurückzieht, bleibt Westenrieder der Pädagogik zeitlebens verbunden. 1784 erfolgt seine Ernennung zum Schulrat, seit 1799 bekleidet er das Amt des Direktorialrats über das deutsche und lateinische Schulwesen. Im Zuge der Neuorganisation des Bücherzensurwesens wird Westenrieder zudem Leiter der Bücherzensurkommission.

Mit dem Jahrbuch der Menschengeschichte in Baiern (2 Tle., 1782/83) verlagert sich sein Interesse auf die bayerische Geschichte. Als Historiker liegt ihm dabei die Wissensvermittlung besonders am Herzen. Im Auftrag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften entstehen seine ersten großen historischen Werke: die Geschichte der baierischen Akademie der Wissenschaften (1784/1807) und die Geschichte von Baiern, für die Jugend und das Volk (1785). Zwischen 1782 und 1828 veröffentlicht Westenrieder neben einem Glossarium (1816) und einigen literarischen Utopien mehrere historiografische und geografisch-statistische Werke (Beschreibung der churfürstlichen Haupt- und Residenzstadt München, 1782; Beyträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirthschaft, 10 Bde., 1788-1812). Sein Baierisch-Historischer Calender, in 21 Ausgaben zwischen 1787 und 1815 erschienen, avanciert zu einem der wichtigsten historischen Almanache der Goethezeit, ja zum wichtigsten Vertreter dieses neuen Genres überhaupt.

1785 wird Westenrieder zum Wirklichen Geistlichen Rat, 1786 zum Bücherzensurrat ernannt. Trotz dieser Ernennungen wird er unter Kurfürst Karl Theodor und dessen Nachfolger Max IV. Joseph zeitweise politisch isoliert, dass er sich zurückziehen muss. Unter den Reformen des Grafen von Montgelas hat er am stärksten zu leiden; durch dessen angestrebte Neugestaltung Bayerns sieht Westenrieder seine Werte und traditionellen Denkweisen immer mehr bedroht. Im Zuge der Säkularisation 1803 verliert er nicht nur seinen neugewonnenen Chorherrensitz im Münchner Kanonikatsstift, sondern auch seine gesamten politischen Ämter. Die Aufwertung seiner Sekretärsstelle in der Akademie der Wissenschaften in einen Direktorposten (1808) sowie die Verleihung des Adelsdiploms (1813) sollen ihm die kränkende Zurücksetzung erleichtern.

Im neueingerichteten Erzbistum München-Freising erhält Lorenz von Westenrieder 1821 schließlich eine Domkapitularstelle. Am 15. März 1829 stirbt er und wird auf dem Alten Südlichen Friedhof in München begraben.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Heigel, Karl Theodor von: Westenrieder, Lorenz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 173-181, http://www.deutsche-biographie.de/pnd118631853.html?anchor=adb, (24.06.2012).

Ksoll-Marcon, Margit: Westenrieder, Lorenz von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Bd. 13 (1998), Sp. 990f., http://www.bautz.de/bbkl/w/westenrieder.shtml, (24.06.2012).

Pörnbacher, Hans (1967): Lorenz von Westenrieder. Dichter und Geschichtsschreiber. In: Dünninger, Eberhard; Kiesselbach, Dorothee (Hg.): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen II. Süddeutscher Verlag, München, S. 153-167.

Weichslgartner, Alois J. (2001): Schreiber und Poeten. Schriftsteller aus Altbayern und Schwaben im 19. Jahrhundert. Bayerland Druckerei und Verlagsanstalt, Dachau.


Externe Links:

Literatur von Lorenz von Westenrieder im BVB

Literatur über Lorenz von Westenrieder im BVB

Lorenz von Westenrieder in der BLO

Biografie von Westenrieder